Andrea Gritti (* 17. April 1455 in Bardolino; † 28. Dezember 1538 in Venedig) war, wenn man der Zählweise der staatlich gesteuerten Geschichtsschreibung der Republik Venedig folgt, deren 77. Doge. Gritti füllte dieses Amt zwischen seiner Wahl am 20. Mai 1523 und 1538 aus, nachdem er bereits eine diplomatische und militärische Karriere aufzuweisen hatte.
Doch mehr als die erste Hälfte seines Erwachsenenlebens, bis etwa 1502, verbrachte er als Weizenhändler in Konstantinopel, der Hauptstadt des Osmanischen Reichs, wobei er gute Kontakte zum dortigen Hof unterhielt. Ab August 1499 wurde er allerdings 32 Monate lang wegen Spionage gefangengesetzt.
Durch seine Sprachkenntnisse und seine fortbestehenden Kontakte erreichte er 1503 mit den Osmanen nach vierjährigen Kämpfen einen Friedensschluss. Binnen weniger Jahre gelang Gritti nun eine politische und militärische Karriere im Kampf gegen das Römisch-deutsche Reich. Er führte das venezianische Landheer, geriet in französische Gefangenschaft und erreichte schließlich, dass sich die Stadt 1512 mit Frankreich verbündete. In einer abenteuerlichen Flucht schlug er sich 1513 nach Venedig durch und verteidigte Padua gegen die kaiserlichen Truppen. 1517 zog er in Verona ein.
Bereits im Jahr 1521 war er Kandidat bei der Dogenwahl, erlangte dieses Amt aber erst zwei Jahre später. Doch war er, in Erinnerung an die Verschwörung von 1355, innerhalb des Stadtadels so umstritten, dass einige fürchteten, er wolle eine Tyrannei errichten. Er versuchte, die Gegensätze zwischen den dominierenden Familien des Adels und den übrigen, von Staatsämtern materiell abhängigen Familien zu nutzen, hielt sich aber weitgehend an seinen Amtseid, der zahlreiche Einschränkungen seiner Macht vorsah. Außenpolitisch drängte er vergebens auf eine Friedenspolitik dem Osmanischen Reich gegenüber. In Italien zog sich Venedig 1523 aus den Italienischen Kriegen zurück, die von 1494 bis 1559 vor allem zwischen Frankreich und dem Römisch-deutschen Reich wüteten.